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Wie entstehen Gegenschweife von Kometen?


Der Gegenschweif des Kometen C/1995 Q1 (Bradfield) war viel heller als der "eigentliche " Schweif (Michael Jäger, 2.10.1995)

Der Schweif eines Kometen ist "mit der unscharfen Brille betrachtet" stets von der Sonne abgewandt. Es gibt einen Gasschweif (immer von der Sonne weggerichtet) und einen Staubschweif (prinzipiell weggerichtet von der Sonne, aber gekrümmt). Bei manchen Konstellationen kommt es zu einem Schweif, welcher der Sonne zugewandt ist: Ein sehr seltsamer und deshalb faszinierender Anblick.

Gegenschweife sind stets Staubschweife. Sie entstehen durch einen Projektionseffekt: Wenn die Erde nahe der Bahnebene das Kometen steht, dann kan ein Teil des Staubschweifs über die Koma hinausragen. Im Extremfall ist dieser Schweif ein nadelförmig spitzes Gebilde, dessen Kontrast zum Himmelshintergrund hoch ist. Auch dies ist eine Folge der Projektion: Die weit im Raum verstreuten Partikel werden übereinander abgebildet.
Gegenschweife erfordern also eine staubreichen Kometen, dessen Schweif stark gekrümmt ist. Die Krümmung ist dann besonders stark, wenn das Partikelspektrum groß ist, also wenn neben sehr kleinen Staubkörnchen von einem Mikrometer und weniger auch solche vorkommen, die an den Zehntelmillimeterbereich heranragen.

Gegenschweife erfordern weiter, dass die Erde in der Bahnebene des Kometen steht, oder zumindest in deren Nähe. Dies ist der Fall, wenn die ekliptikale Länge der Erde gleich oder ähnlich der Länge des aufsteigenden bzw. absteigenden Knoten des Kometen ist. Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass die Knotenlänge und diejenige der Erde um 180 Grad verschoben sind, die Erde steht auf der anderen Seite in dieser Ebene. Die Abbildung zeigt die Situation für den Kometen C/2011 L4 (PANSTARRS) Ende Mai 2013.


Am 27. Mai 2013 stand die Erde in der Bahnebene des Kometen PANSTARRS und dieser entwickelte einen Gegenschweif.

Von der Erde aus gesehen nimmt der Teil des Schweifes, welcher durch die kleinen Partikel gebildet wird, einen sehr großen Winkel ein. Normalerweise bliebe dies unsichtbar. Dadurch, dass aber alle Partikel "übereinanderliegen" wird er gut sichtbar und kann wie im ersten Bild den von der Sonne weg gerichteten Schweif an Helligkeit übertreffen:

Situation für den Kometen PANSTARRS, gesehen aus der Bahnebene des Kometen.	

Dieser schmale nadelspitze Schweif tritt nur auf, wenn die Erde recht genau in der Bahnebene steht. Nur dann ist der Schweif auch genau der Sonne zugewandt. Wenn man über einige Tage die Schweifsituation verfolgt, kann man verfolgen, wie die Erde die Bahnebene des Kometen durchtritt:


Die Erde stand am 27. Mai 2013 exakt in der Bahnebene des Kometen. Dieser Termin wurde von Michael Jäger um einen Tag verfehlt. Man sieht schon deutlich einen Winkel zwischen den beiden Schweifen. Tage vorher (19. Mai, Michael Jäger) oder danach (1. Juni, Gerald Rhemann) ist dieser Winkel merklich größer. Außerdem ist der Projektionseffekt für die kleinen Partikel geringer, so dass der Gegenschweif weniger weit verfolgt werden kann.

Uwe Pilz, August 2020